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Von Erlangen in die Anden: Wie ein MTR-Azubi die Radiologie nach Peru brachte

14.11.2025 | Text: Frederic Balling
Drei Mitarbeiterinnen und drei Mitarbeiter des Radiologischen Instituts des Uniklinikums Erlangen (v. l. n. r.): Laura Schwarzfärber, Frederic Balling, Andrea Mühl, Prof. Dr. Uder, Dr. Christine Hauer und Dr. David Schinz. Foto: Michael Rabenstein/Uniklinikum Erlangen

Frederic Balling aus dem Landkreis Bamberg begann 2023 seine Ausbildung zum Medizinischen Technologen für Radiologie (MTR) am Uniklinikum Erlangen – und schon bald führte ihn sein bisher aufregendstes Projekt weit über Deutschlands Grenzen hinaus: in die abgelegenen Anden Perus, um dort gemeinsam mit einem Team ein MRT-Gerät in Betrieb zu nehmen. Im Interview berichtet er von seinen bisherigen Erfahrungen und Abenteuern als MTR-Azubi am UKER. 

Hallo Frederic! Was hat dich bewogen, eine Ausbildung zum MTR zu beginnen?

Meine wesentlichen Beweggründe waren das Interesse an Medizin sowie moderner Technik und gleichzeitig die Möglichkeit in einem sozialen Umfeld mit Patientenkontakt arbeiten zu können. Auch die Vielfältigkeit des Berufs mit verschiedenen Tätigkeitsfeldern war ein ausschlaggebender Punkt. Das Praktikum im Radiologischen Institut am Uniklinikum Erlangen hat mich bereits im Vorfeld begeistert und davon überzeugt, die Ausbildung zu beginnen. 

Wie sieht dein Ausbildungsalltag in der Regel aus?

In der Berufsfachschule werden theoretische Inhalte wie Anatomie, Physik, Strahlenschutz, Krankheitslehre und fachspezifische Theorie, wie diagnostische Radiologie, Strahlentherapie und Nuklearmedizin, vermittelt. 

Im Klinikalltag arbeite ich im Radiologischen Institut an modernen medizinischen Geräten wie CT, MRT oder Röntgengeräten. Ich bereite die Untersuchungen vor und führe sie unter Aufsicht eigenständig durch. Ich lerne, wie man die Geräte richtig einstellt und dokumentiere die Ergebnisse. Im Bereich der Strahlentherapie bereite ich die Bestrahlung von Tumorerkrankungen vor und betreue die Patientinnen und Patienten während der Behandlung. Zudem arbeite ich in der Nuklearmedizin mit radioaktiven Substanzen und verbinde es mit meinem Wissen aus der diagnostischen Radiologie, um neben der Darstellung der Anatomie auch Stoffwechselprozesse sichtbar machen zu können. 

Was sind die Anforderungen, die an MTR-Azubis persönlich oder fachlich gestellt werden?

Als MTR-Azubi ist Einfühlungsvermögen sehr wichtig, da wir mit sehr kranken oder ängstlichen Menschen zusammenarbeiten. Es ist entscheidend, den Patientinnen und Patienten die Ängste zu nehmen, indem Untersuchungen verständlich erklärt werden und eine beruhigende Atmosphäre geschaffen wird. Gerade in sensiblen Bereichen wie der Strahlentherapie, in denen schwere Erkrankungen behandelt werden, ist Empathie unverzichtbar. 

Für die Arbeit als MTR sind außerdem Kenntnisse in der Anatomie, Interesse an Naturwissenschaften und Medizin sowie technisches Verständnis entscheidend.

2025 durftest du an einem außergewöhnlichen Projekt, das eine Reise nach Peru beinhaltete, teilnehmen. Kannst du uns kurz erklären, worum es ging?

Im März 2025 wurde ein innovativer MRT-Scanner aus Erlangen in das Hospital Diospi Suyana in Peru gebracht. Ziel war es, der lokalen Bevölkerung erstmals Zugang zu moderner medizinischer Bildgebung zu ermöglichen, da dort zuvor kein MRT verfügbar war. Dass der Magnetresonanztomograf jetzt im gemeinnützigen Hospital Diospi Suyana steht, ist den Gewinnern des Deutschen Zukunftspreises 2023 zu verdanken. Denn Prof. Dr. Michael Uder (Direktor des Radiologischen Instituts des Uniklinikums Erlangen), Dr. Stephan Biber und Dr. David Grodzki, beide von Siemens Healthineers, entschieden sich, ihr Preisgeld in Höhe von 250.000 Euro für den Kauf eines Modells des von ihnen entwickelten und ausgezeichneten Magnetom Free.Star Scanners zu spenden. Gemeinsam mit unserem Team reiste ich im Juni 2025 nach Curahuasi in den Anden, um das Gerät vor Ort zu installieren.

Wie hast du von dem Projekt erfahren?

Auf das Projekt wurde ich aufmerksam, als eine E-Mail an die Mitarbeitenden des Radiologischen Instituts verschickt wurde. Darin wurde über die Spende berichtet und dass MTRs gesucht wurden, die den MRT-Scanner in Peru in Betrieb nehmen sollten. Als dann Wochen später auch ein Azubi gesucht wurde, habe ich direkt eine Motivationsmail an Prof. Dr. Uder geschrieben, um mich für die Reise zu bewerben. Unter den Bewerbenden aus meinem Kurs wurde schließlich gelost und ich hatte das Glück, ausgewählt zu werden. 

Welche Erwartungen hattest du vor deiner Abreise?

Vor meiner Abreise war ich aufgeregt und voller Vorfreude. Mir war bewusst, dass dieses Projekt etwas ganz Besonderes und zugleich eine große Herausforderung sein würde. Ich war gespannt auf die Begegnungen mit den Menschen vor Ort, ihre Kultur und das Leben in den Anden. Wie der Klinikalltag dort tatsächlich aussieht, konnte ich mir kaum vorstellen – das machte die Reise umso spannender. Besonders freute ich mich darauf, gemeinsam mit den peruanischen Kolleginnen und Kollegen das neue MRT-Gerät in den Alltag zu integrieren und dabei viel dazuzulernen. 

Wie waren deine Ankunft und ersten Eindrücke vor Ort?

Meine Ankunft in Curahuasi war bereits ein kleines Abenteuer: Kurz nach der Landung hatten wir auf etwa 3.400 Metern Höhe einen platten Reifen, als wir uns auf den holprigen Straßen in die Berge begaben. Zum Glück konnten wir das Problem mit dem Ersatzrad schnell beheben. Nach über 24 Stunden Reise erreichten wir schließlich das Hospital Diospi Suyana, das auf rund 2.700 Metern Höhe liegt. Die Kombination aus Höhenlage und Erschöpfung war deutlich zu spüren – doch die Herzlichkeit, mit der uns die Mitarbeitenden vor Ort empfingen, war überwältigend. 

Obwohl es schon spät am Abend war, wollten wir sofort das MRT sehen. Es war beeindruckend, ein so modernes Gerät in dieser abgelegenen Region zu erleben. 

Besonders überrascht war ich von der insgesamt modernen Ausstattung des Krankenhauses: ein eigenes Labor, eine Augen- und Zahnklinik, ein CT, Röntgen – und nun auch ein brandneues MRT.

Das Krankenhaus liegt inmitten einer spektakulären, aber schwer zugänglichen Berglandschaft. Die Region ist geprägt vom Leben der Quechua-Bevölkerung; viele Patientinnen und Patienten reisen tagelang aus weit entfernten Dörfern an, um hier medizinische Hilfe zu erhalten.

Welche Aufgaben hast du vor Ort konkret erfüllt?

Das Technikteam von Siemens Healthineers war dafür verantwortlich, das MRT-Gerät aufzubauen und technisch in Betrieb zu nehmen. Anschließend installierten und optimierten wir die Untersuchungsprotokolle und passten sie an die lokalen Gegebenheiten an.

Zu Beginn legten wir einen besonderen Schwerpunkt auf intensive Schulungen für ärztliches und pflegerisches Personal im sicheren Umgang mit dem neuen MRT. Ein derart starkes Magnetfeld kann für Menschen, die mit dieser Technologie noch keine Erfahrung haben, ein erhebliches Sicherheitsrisiko darstellen. 

In den darauffolgenden Tagen trainierten wir gemeinsam Schritt für Schritt die Bedienung des Geräts, die Durchführung von Standarduntersuchungen und die wichtigsten Arbeitsabläufe. Zusätzlich erstellten wir praxisnahe Handbücher auf Spanisch, ergänzt durch Schaubilder und Ablaufschemata, um das Wissen langfristig zu sichern. Neben der Anleitung der peruanischen Kolleginnen und Kollegen unterstützten wir auch direkt bei der Patientenversorgung am Gerät. Dabei war es besonders wichtig, effiziente Abläufe zu etablieren und sensibel auf die Patientinnen und Patienten einzugehen – viele hatten schließlich bisher keinerlei Erfahrung mit moderner Medizintechnik.

Gab es vor Ort besondere Herausforderungen an das Projekt oder dich persönlich?

Die Installation des Gerätes in einer so außergewöhnlichen Lage brachte zahlreiche Herausforderungen mit sich. Schon der Transport des MRT-Geräts in die abgelegene Bergregion war ein logistisches Abenteuer: Im März 2025 wurde es zunächst von Europa nach Peru verschifft und anschließend auf teils unbefestigten, kurvigen und steilen Straßen in die Höhen der Anden nach Curahuasi gebracht werden. 

Auch die Stromversorgung stellte eine besondere Herausforderung dar. In der Region rund um das Hospital Diospi Suyana kommt es regelmäßig zu Stromausfällen und Spannungsschwankungen – ein ernstes Problem für herkömmliche MRT-Systeme. Die Wahl des speziellen MRT-Modells „Magnetom Free.Star“ war daher bewusst getroffen worden, da es speziell für Regionen mit instabiler Stromversorgung entwickelt wurde.

Im Alltag stellte die Sprachbarriere eine weitere Hürde dar. Die Zusammenarbeit mit dem lokalen Team fand hauptsächlich auf Spanisch statt – dank meiner Vorkenntnisse und intensiver Vorbereitung funktionierte das meist gut, erforderte aber hin und wieder etwas Improvisation. Viele Patientinnen und Patienten sprachen ausschließlich Quechua, die indigene Sprache der Region. Bei ihren Untersuchungen war daher stets ein Übersetzer dabei, um eine gute Verständigung zu gewährleisten. 

Was hat dich emotional besonders berührt oder beeindruckt?

Besonders emotional berührt hat mich, wie weit viele Patientinnen und Patienten anreisen müssen, um überhaupt medizinisch versorgt zu werden. Es ist nicht ungewöhnlich, dass Menschen mit gesundheitlichen Problemen tagelang unterwegs sind – oft aus entlegenen Dörfern, zu Fuß oder mit einfachen Bussen, nur um einen Termin am Hospital Diospi Suyana wahrzunehmen. Die langen Warteschlangen am frühen Morgen und die Dankbarkeit der Menschen haben mich tief beeindruckt. 

In Curahuasi bedeutet selbst ein Arztbesuch für viele Familien große Anstrengung und erhebliche Kosten, da es nur wenige Kliniken mit moderner Ausstattung wie einem MRT gibt. Zu sehen, welche Zufriedenheit und Hoffnung das Krankenhaus den Menschen schenkt, hat mir noch einmal deutlich gemacht, welch unschätzbaren Wert diese Einrichtung für die gesamte Region hat.

Wie hat dich die Erfahrung als Azubi weitergebracht? Welche Kompetenzen konntest du stärken – oder neue erlangen?

Fachlich konnte ich mein Wissen im Umgang mit der MRT-Technik deutlich vertiefen. Durch die Arbeit in einem neuen Umfeld, in dem nicht immer alles reibungslos funktionierte, habe ich außerdem gelernt, flexibel und lösungsorientiert zu arbeiten. 

Gleichzeitig hat mir dieses Projekt vor Augen geführt, wie privilegiert und selbstverständlich eine verlässliche medizinische Versorgung in Deutschland ist. Ich habe nicht nur die eigene Gesundheitsversorgung stärker zu schätzen gelernt, sondern auch meine Arbeit im Krankenhaus und die Möglichkeit, mit meinem Beruf einen Beitrag für andere leisten zu können. 

Was würdest du jungen Menschen raten, die überlegen eine Ausbildung zum MTR zu beginnen?

Wer sich für die Ausbildung zum MTR interessiert, sollte neugierig sein und Freude am Umgang mit Menschen haben. Wer sich zusätzlich für Naturwissenschaften und Technik begeistern kann, hat die tolle Möglichkeit, diese Interessen in einem Beruf sinnvoll zu verbinden. 

Welche Ziele hast du in Bezug auf deine weitere Ausbildung und spätere Laufbahn?

In meinem letzten Ausbildungsjahr möchte ich meine praktischen und theoretischen Kenntnisse weiter vertiefen, indem ich mich intensiver mit den verschiedenen bildgebenden Verfahren beschäftige und eigenständig Untersuchungen durchführe. 

Langfristig strebe ich eine kontinuierliche berufliche Weiterentwicklung an und möchte regelmäßig neue Kompetenzen erwerben. Dabei reizt es mich besonders, neue Methoden und Anwendungen kennenzulernen, die über das in der Ausbildung vermittelte Wissen hinausgehen. 

Vielen Dank für die Eindrücke, die du mit uns geteilt hast, Frederic!

Du willst mehr Eindrücke aus Peru sehen? Auf Instagram findest du spannende Folgen zum Verlauf des Projekts:  Folge 1, Folge 2, Folge 3, Folge 4, Folge 5, Folge 6

Das klingt spannend für dich?

Wenn du jetzt neugierig geworden bist und mehr über die Ausbildung zur Medizinischen Technologin bzw. zum Medizinischen Technologen für Radiologie (MTR) am Uniklinikum Erlangen erfahren möchtest, dann lies hier weiter.